Jeder kennt sie, fast jeder ignoriert sie: Das übliche Kleingedruckte, konkret die allgemeinen Geschäftsbedingungen, die man mittlerweile bei jedem Kauf dazu bekommt oder darauf verwiesen wird, und die man stillschweigend akzeptiert.
Lange Zeit schien es fast eine Art Wettbewerb zu sein, welcher Anbieter die längsten AGBs in der kleinsten Schrift an seine Rechnungen oder Verträge anhängt. So ist es z. B. bei diversen Mobilfunk- oder Internet-Anbietern mittlerweile üblich, dass ein Vertrag 10 – 15 Seiten umfasst, aber nur, weil 10 Seiten Allgemeine Bedingungen in 4 Punkt Schrift mit dranhängen.
Keiner oder kaum jemand nimmt sich aber die Zeit, diese 10 Seiten zu lesen. Und man hatte zudem fast den Eindruck, dass sie absichtlich so schlecht lesbar und kompliziert formuliert sind, eben damit der Käufer erst gar nicht auf die Idee kommt, diese überhaupt zu lesen.
Über die allgemeine Nutzerfreundlichkeit dieser Bleiwüsten – selbst in digitaler Form – müssen wir wohl nicht reden, die ist schlicht und einfach nicht vorhanden. Aber theoretisch lesbar, sowohl digital oder klassisch auf Papier, sind diese endlosen Texte ja und müssen nun mal aus rechtlichen Gründen vorhanden sein. Und genau damit „entschuldigen“ die Anbieter diese ewig langen, selten leicht verständlichen und nur sehr unkomfortabel lesbaren Notwendigkeiten.
Potenziert schlimmer sieht es aber für Menschen mit Einschränkungen aus. 4 Punkt Schrift auf DIN A4 ausgedruckt ist selbst mit Brille kaum oder nur extrem anstrengend lesbar, besonders wenn Zeilenabstand, Spaltenaufteilung etc. auch ausschließlich unter dem Motto „möglichst viel Text pro Seite“ gewählt wurden. Werkzeuge wie Vorlese-Tools für z. B. komplett erblindete Menschen werden hier auch weitestgehend versagen. Natürlich ist das Ausdrucken solcher Dokumente eher selten, aber bei konventionell abgeschlossenen Verträgen sowie manchen bestimmten Vertragsarten ist immer noch eine Zusendung/Übergabe solcher Bedingungen in konventioneller Form üblich oder sogar verpflichtend.
Aber selbst in digitaler Form – meist als PDF – sind diese endlosen Sätze in endlosen Absätzen auf endlosen Seiten kaum besser. Meist ist es darin schier unmöglich, ein konkretes Thema zu finden. Hat man es dann doch gefunden, stolpert man oft über völlig unverständliche Formulierungen. Und dadurch, dass man extrem heran zoomen musste, um den Text lesen zu können, weiß man dann oft nicht mehr, auf welcher Seite man gerade ist.
Zwar sind Screen Readern bei digitalen Dokumenten die Schriftgrößen egal, aber nicht jeder mit einer visuellen Einschränkung ist auf einen Screenreader angewiesen und würde ihn daher benutzen. Die generelle „digitale Konsumierbarkeit“ spielt also letztlich für jeden eine Rolle, egal ob mit oder ohne visuelle Einschränkungen.
Aber was ist die Lösung? Barrierefreiheit schreibt grob eine Mindestschriftgröße von 12 Punkt vor. Aber damit würden dann aus 10 Seiten Allgemeinen Geschäftsbedingungen mal locker doppelt so viele. Und – kein Scherz – damit geht dann gerne mal die Diskussion los, dass dadurch ja im postalischen Fall viel mehr Papier und ggf. mehr Porto bezahlt werden müsse.
In einer „idealen Welt“ wären AGBs so formuliert, dass sie gar nicht erst so lang werden müssten. Hier könnten in Zukunft vielleicht AI-basierte Tools helfen, die solche Bleiwüsten zusammenfassen können. Und es bleibt die Hoffnung, dass im Zuge von BITV und dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz vielleicht solche völligen Verfehlungen in der Gebrauchstauglichkeit nicht mehr oder zumindest weniger zu den nötigen Dauerbelastungen für Menschen mit aber auch ohne Beeinträchtigungen werden.